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Adivasi-Netzwerk AMS:

Adivasi-Teeplantage


Die Nilgiris-Bergen sind seit der britischen Kolonialherrschaft das gr??te Teeanbaugebiet S?dindiens. Teeanbau ist der bedeutendste Wirtschaftsfaktor der Region und kapitalintensiv. Als solcher wird der Teeanbau von reichen Grundbesitzer/innen, Unternehmen und internationalen Konzernen betrieben. Die Adivasi stehen ganz unten in der gesellschaftlichen Hierarchie Indiens, sind besonders ausgegrenzt und benachteiligt, schlechter gebildet und ?rmer.

1986 begannen die Adivasi der Gudalur-Region, sich gegen Landverlust, Ausbeutung und Armut zu wehren. Die ersten Erfolge gab es bald: die Adivasi-Familien erhielten Landrechte. Auf diesem Land bauten die Adivasi-Familien ab etwa 1987 Teepflanzen an, unterst?tzt von ACCORD. Mehrere Argumente sprachen f?r den Teeanbau: Teepflanzen sichern den Landbesitz, denn die Pflanzen k?nnen 100 Jahre alt werden und lassen sich nicht einfach ?ber Nacht beseitigen. Mit dem Teeanbau erhalten Adivasi ein regelm??iges Einkommen, denn Tee l?sst sich kontinuierlich das ganze Jahr ?ber ernten, im Gegensatz zu Kaffee. Und schlie?lich w?rden damit die Adivasi in den Hauptwirtschaftszweig der Region vordringen, in die Mitte der Gesellschaft.

Anfang der 1990er Jahren bauten etwa 1.000 Adivasi-Familien auf ihrem St?ck Land Tee an. Und: Die Teeplantage "Madhuvana" in den s?dindischen Nilgiris-Bergen ist wohl die einzige Teeplantage im Besitz von Adivasi in Indien.


Adivasi-Teeplantage: Von der Vision zur Wirklichkeit

Mari Thekaekara, Mitbegr?nderin unserer Partnerorganisation ACCORD, erinnert sich:
"Etwa 1994 erkannten wir in Gudalur , dass das Adivasi-Krankenhaus und die Adivasi-Schule noch langfristig finanzieller Unterst?tzung von au?en bed?rfen werden. Diese Einrichtungen sind nach wie vor f?r die Adivasi sehr wichtig. Sie geh?ren ihnen und ?ffnen ihnen T?ren in die ?brige indische Gesellschaft. Aber obwohl das Einkommen der Adivasi-Familien seit den Tagen der Sklaverei und Schuldknechtschaft deutlich gestiegen ist, ist es ihnen dennoch nicht m?glich, f?r ihre Gesundheitsf?rsorge oder die Bildung der Kinder g?nzlich selbst aufzukommen. Da entstand eine neue Idee: ein eigenes St?ck Land, das genug Gewinn f?r Gesundheitsf?rsorge und Bildung etc. abwirft. In der Vergangenheit war der Wald im Gemeinschaftsbesitz der Adivasi und erf?llte alle ihre Bed?rfnisse - nun brauchten sie wiederum einen gemeinsamen Besitz."

Eine Teeplantage ? Landbesitz f?r landlose Adivasi, Arbeit und Einkommen f?r arme Gelegenheitsarbeiter/innen und ein Schritt in die Mitte der Gesellschaft, denn Teeanbau war der Hauptwirtschaftszweig der Region, den niemand ungebildeten, verarmten und ausgeschlossenen Adivasi zutraute, und Tee ein Weltmarktprodukt. Und die Vision, dass die Gewinne der Teeplantage die Entwicklungsarbeit der Adivasi unabh?ngig von Geldgebern machen k?nnte. Die erste Idee zur Plantage entstand ?brigens bei unserer ersten Begegnungsreise mit den indischen Partner/innen 1994 in Deutschland, als wir gemeinsam ?berlegten, was den Adivasi nachhaltige Selbsthilfe erm?glichen w?rde.

Im Mai 1995 wurde in Gudalur beschlossen, eine Teeplantage zu kaufen. An dieser Entscheidung waren alle beteiligt, denn sie wurde auf einem Mahasabha getroffen ? auf einem gro?en Treffen aller ACCORD-Mitarbeiter/innen und zahlreicher Adivasi-Dorfr?te. Nun musste das Geld zum Kauf der Plantage aufgetrieben werden. Dies war nicht einfach. Viele Geldgeber wurden nur in den ?rmsten Bundesstaaten Indiens aktiv, zu denen Tamil Nadu nicht geh?rt. Urspr?nglich wollten ACCORD & AMS die Plantage mit einem Kredit von EDCS in den Niederlanden kaufen. Aber EDCS erhielt keine Erlaubnis der Reserve Bank, das Geld nach Indien einzuf?hren und forderte schlie?lich sehr hohe Zinsen. Zudem war inzwischen, drei Jahre waren seit den ersten Gespr?chen vergangen, der Preis f?r die Plantage stark gestiegen. ACCORD & AMS lehnten den Kredit von EDCS unter diesen Bedingungen ab. Eine noch bessere L?sung fand sich jedoch bald darauf 1998:

Eine britische Stiftung, der Charities Advisory Trust (CAT), vergab einen zinslosen Kredit. Deren Gr?nderin Hilary Blume hatte die Arbeit von ACCORD & AMS bereits kennen und sch?tzen gelernt und unterst?tzte bis heute mehrfach die Arbeit in Gudalur mit Spenden und Zusch?ssen. Aber: Auch ein zinsloser Kredit muss zur?ckgezahlt werden. Wie sollte die R?ckzahlung des zinslosen Kredits zum Kauf der Teeplantage gelingen? Es war absehbar, dass die Teeplantage dies nicht auch noch w?rde leisten k?nnen. Der Kredit konnte jedoch nicht aufgenommen werden, wenn die R?ckzahlung nicht absehbar war. Hierbei sprangen die Studierenden unseres Adivasi-Tee-Projekts ein: Wir sagten zu, Spenden f?r die R?ckzahlung des zinslosen Teeplantagenkredits einzuwerben. Nach vielen Diskussionen und ?berlegungen luden wir 1997 die erste Gruppe von Adivasi zum Deutschen Evangelischen Kirchentag ein es begann unsere Spendenwerbung zugunsten der Adivasi-Teeplantage.

Am 20. Juni 1998 kaufte unsere indische Partnerorganisation ACCORD mit einem zinslosen Kredit der britischen Stiftung Charities Advisory Trust die Teeplantage ?Madhuvana? (Honigwald) f?r 23,5 Millionen Rupien (etwa 500.000 Euro). Unser Adivasi-Tee-Projekt hat die moralische Verantwortung ?bernommen, den zinslosen Kredits zum Kauf der Adivasi-Teeplantage zur?ckzuzahlen.

Die Adivasi-Teeplantage liegt auf etwa 1.000 Meter H?he in den s?dindischen Nilgiris-Bergen. Sie liegt nahe der Kleinstadt Devala, etwa 30 km von der Kleinstadt Gudalur entfernt. Die Teeplantage ist etwa 71 Hektar gro? und ist damit mittelgro?. Auf ca. 41 Hektar wird Tee angebaut, auf ca. 8 Hektar w?chst Kaffee. Dazwischen w?chst Pfeffer an den schattenspendenen Silbereichen. Etwa 20 Hektar werden als Urwald erhalten.

Unsere gro?e Vision - und die Realit?t der Adivasi-Teeplantage heute

Die Vision, die unsere indischen Partner/innen und wir beim Kauf der Adivasi-Teeplantage 1998 hatten - die Bildungs-, Gesundheits- und Entwicklungsarbeit der Adivasi zu finanzieren -, hat sich nicht erf?llt. Zu gering waren die Gewinne der Teeplantage selbst in Jahren guter Ernte und hoher Teepreise.

In den ersten Jahren wurde viel Zeit, Arbeitskraft und Geld investiert, um die Teeplantage zu verbessern: Brachland und L?cken in den Teereihen wurden bepflanzt ? die Teepflanzen daf?r wurden in der eigenen Baumschule herangezogen. Adivasi wurden ausgebildet, Erntemenge und Qualit?t verbessert. Eine Zufahrtsstra?e wurde gebaut, Unterst?nde zum Lagern der Teebl?tter, ein Bungalow. Ein neuer Laster wurde angeschafft u.v.m. L?hne und Sozialleistungen mussten bezahlt werden. Das Management lag ganz in Adivasi-Hand und war so erfolgreich, dass dies den Adivasi viel Achtung und Anerkennung einbrachte. In manchen Jahren arbeiteten 70 Festangestellte Adivasi auf der Plantage sowie Saisonkr?fte. Kaffee wurde angepflanzt, Pfeffer geerntet. Die Teeplantage konnte sich schlie?lich selbst tragen.

Dennoch wurde deutlich, dass selbst bei einer erhofften Steigerung der Einnahmen die Teeplantage nur ein Standbein f?r die Finanzierung der Entwicklungsarbeit der Adivasi wird sein k?nnen - angesichts der Abh?ngigkeit von den Weltmarktpreisen und angesichts der Tatsache, dass maximal 10% der Tee-Ernte ?ber den fairen Handel in Deutschland, England und Indien verkauft wurden.

Aber die Effekte der Teeplantage gehen ?ber das Finanzielle hinaus:

Die gemeinschaftliche Vermarktung der Teebl?tter half auch Adivasi-Kleinbauern. Und es war die Teeplantage, welche den Ansto? zum Aufbau von Just Change gab - ein alternatives Handelsnetzwerk indischer Kooperativen, von dem ca. 40.000 Familien in vier indischen Bundesstaaten profitieren.

F?r die Kultur und die Identit?t der Adivasi spielt ihre Teeplantage eine gro?e Rolle: Die Adivasi sehen die Plantage als Symbol der Adivasi-Identit?t, als einen Ort f?r alle Adivasi im Gudalur-Tal. Als Gemeinschaftsbesitz kn?pft die Plantage an alte Traditionen der Adivasi an, die keinen Individualbesitz kannten und Ertr?ge nach Bed?rftigkeit aufteilten. Wald, traditionelle Lebensgrundlage der Adivasi, wird auf der Plantage erhalten, Obstb?ume f?r Adivasi-D?rfer wurden herangezogen, Heilkr?uter angesiedelt.

Ein heiliger Ort auf der Teeplantage betont deren kulturell-religi?se Bedeutung. Dort treffen die Lebenden mit den Geistern ihrer Vorfahren zusammen. Dieser heilige Ort verbindet Welten und ist ein spirituelles Zentrum der Gemeinschaft. Die Adivasi kommen hier f?r religi?se Zeremonien und ihr Adivasi-Festival zusammen, um T?nze, Lieder und Traditionen zu pflegen.

Auf der Plantage finden Arbeitstreffen, Trainings, Workshops und Kinder-Camps statt. Hier lernen Kinder und Jugendliche den Wald als eine identit?tsstiftende Grundlage iher Gemeinschaft kennen. Die Plantage f?rdert  Gemeinschaftsgef?hl und gemeinschaftliche Entwicklung.

Surendiran, Adivasi der Mullukurumba und bis zu seinem k?rzlichen Tod Lehrer an der Adivasi-Schule, sagte:
"Die Teeplantage ist eine Schule ohne Geb?ude. Wir nutzen die reiche Natur in der Plantage und Umgebung, um  Naturwissenschaft, Geographie, ?kologie, Medizin und Landwirtschaft hier ganz praktisch zu unterrichten. Die Plantage kommt allen Adivasi zugute, und nicht nur denen, die dort arbeiten. Unsere Kinder sollen lernen, stolz darauf zu sein, wer sie sind und die Gesellschaft als aktive Mitglieder zu gestalten."

Die Adivasi sind sich bewusst, dass sie f?r die Zukunft beides brauchen: Die Gemeinschaft der Adivasi, um nicht als Einzelne im ?berlebenskampf unterzugehen, aber auch das R?stzeug, in der modernen Welt bestehen zu k?nnen. Der eigene Landbesitz an der Plantage mit dem St?ck Urwald ist perfekt geeignet, moderne Bildung mit der Vermittlung von traditionellem Wissen zu verbinden. Adivasi-Kinder aus den D?rfern und von der Adivasi-Schule lernen auf Exkursionen auf der Adivasi-Teeplantage. Camps vor Beginn des Schuljahres richten sich v.a. an Kinder und Jugendliche, welche die Schule abbrachen und motivieren sie zum Lernen. Surendiran sagt: ?Es gibt eine kulturelle Beziehung zur Aktivit?t, und so macht es allen viel mehr Spa?.?

In einer Gemeinschaft tr?gt jeder und jede verschiedene Gaben bei und doch ist die Gemeinschaft mehr als die Gaben der Einzelnen. Die Adivasi im Gudalur-Tal haben ihre eigenen Sprachen und Traditionen als Mullukurumba, Bettakurumba, Irula, Panniya oder Kattunaiken. Als Adivasi teilen sie die Gefahr des Verlustes ihrer Kultur und Traditionen und der drohenden Vereinzelung. Durch ihre Gemeinschaft im Adivasi-Netzwerk AMS sind sie stark. Sie lernen gemeinsam und gehen zusammen ihren Weg durch eine sich ver?ndernde Welt. Ihre Kleidung mag sich ?ndern ? aber sie wollen nicht ihre Identit?t und W?rde verlieren.

Doch die Teeplantage selbst k?mpft mit Schwierigkeiten. Die indische Gesellschaft ?ndert sich und es ist heute schwierig, Arbeitskr?fte f?r das Teepfl?cken zu finden - junge Menschen wollen nicht mehr in der Landwirtschaft arbeiten, finden bessere Jobs oder verlassen die Region. Arbeitslose Adivasi verlassen heute ihre D?rfer, um in den Textilfabriken in Coimbatore und anderswo zu arbeiten. Etliche Teeplantagen schlossen. Andere besch?ftigen arme Migrant/innen aus Nordindien, z.B. Jharkhand. Die Konkurrenz um Arbeitskr?fte f?hrt zu einem Anstieg der L?hne. Gute L?hne und Sozialleistungen sind so kein Alleinstellungsmerkmal der Adivasi-Teeplantage mehr. Auch f?r die Adivasi ist die abgelegene Teeplantage so nicht attraktiver ? und vor den wilden Elefanten haben viele zu Recht Angst. Der aufgestellte elektrische Solarzaun zum Schutz vor Elefanten musste auf Weisung der Regierung abgestellt werden. So kommt es, dass in den neu gebauten Wohnh?usern auf der Teeplantage statt 12 Adivasi-Familien nur vier Adivasi-Familien wohnen. Nur etwa 30 festangestellte Adivasi arbeiten heute auf der Plantage. Die Preise f?r Nilgiris-Tee sind allgemein gefallen und die Plantage arbeitet zur Zeit nicht profitabel. Gro?en Teeplantagen verhilft eine eigene Teefabrik zu h?heren Profiten.

Doch verkaufen wollen ACCORD und Adivasi die Plantage nicht - obwohl das Land heute drei Mal so viel wert ist. ?kotourismus ist im Aufbau als wirtschaftliches Standbein. Auch Sie k?nnen die Adivasi-Teeplantage als G?ste der Adivasi-?kotourismus-Initiative Ecoscape besuchen (www.ecoscape.co.in). Weitere Ideen werden derzeit diskutiert. Der Landbesitz ist den Adivasi wichtig. Gebracht hat er den Adivasi Selbstvertrauen, Partizipation auf Augenh?he weit ?ber die Region hinaus. Entstanden sind Dynamik und Erfolge in der Bildungs- und Gesundheitsarbeit der Adivasi, die Mitte der 1990er Jahre noch niemand f?r m?glich gehalten h?tte.

Mohan, ein Adivasi der Paniya, war fr?her Gelegenheitsarbeiter. Er fand Arbeit auf der Adivasi-Teeplantage und sagte:
?Seit wir die Plantage gekauft haben, hat sich das Leben der Adivasi hier ver?ndert; wir hungern nicht mehr.?

Kichen, Adivasi der Paniya und erfahrener Pfleger am Adivasi-Krankenhaus, wei?:
?Unser Gesundheitsprogramm hat viele bemerkenswerte Dinge hervorgebracht. Es gibt fast keine M?ttersterblichkeit mehr, die Kindersterblichkeit wurde erheblich verringert, alle Kinder sind geimpft und unsere Gesundheitsvor- und F?rsorge sind von sehr guter Qualit?t.?


Doch viele Herausforderungen und Unsicherheiten liegen vor den Adivasi.

Der Landbesitz an der Teeplantage ist den Adivasi ihre Versicherung f?r die Zukunft.

T.K. Ayyappan, Adivasi der Mullukurumba und seit langem aktiv im Adivasi-Netzwerk AMS, insbesondere in der Teevermarktung, sagt:
"Wir wollen unsere Gemeinschaft erhalten. Deshalb brauchen wir unsere Teeplantage."

Wir danken Ihnen f?r Ihre Unterst?tzung und Spende zugunsten der Adivasi-Teeplantage.

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