Adivasi in den südindischen Nilgiris-Bergen
...für die Natur hier sind die Sholas: Grasland im Wechselspiel mit Wald.
Geschichte:
Der Distrikt hatte eine besondere Bedeutung in Britisch-Indien, da die Briten sich an dem kühlen Bergklima erfreuten, welches in starkem Kontrast stand zu den heißen Ebenen. Die ersten Zuzügler kamen um 1800 in die Nilgiri-Berge. John Sullivan, einem leitenden britischen Beamten der Nachbarstadt Coimbatore, wird nachgesagt, die Schlüsselperson gewesen zu sein für die Entwicklung von Ooty als Ausflugsziel und Hill Station - heute ist die Bergstadt Ooty, mit vollem Namen Udagamandalam, eine der bekanntesten Feriendestinationen in Südindien. Große Teile des Waldes wurden allerdings mit Beginn des 19. Jahrhunderts unter der britischen Kolonialherrschaft abgeholzt und durch Plantagen für Tee, Kaffee, Pfeffer, Teak und Eukalyptus ersetzt. Teeanbau war über viele Jahrzehnte die Hauptökonomie.Ein Großteil der indischen Teeproduktion kommt heute aus den Nilgiris-Bergen. Teeanbau war über viele Jahrzehnte die Hauptökonomie der Nilgiri-Berge. Heute gewinnt der Tourismus immer stärker an Bedeutung - der Nilgiri-Distrikt gehört zum UNESCO-Nilgiris-Biosphärenreservat mit einer hohen Artenvielfalt.
Geographie und Tiere:
Geographisch lässt sich der Nilgiri-Distrikt zu dem größeren „Nilgiri Biosphere Reserve“ (NBR) zählen, welches 1986 von der UNESCO ausgerufen wurde. Das Nilgiri Biosphären-Reservat umschließt den Nilgiri-Distrikt und auch Teile der benachbarten südindischen Bundesstaaten Karnataka und Kerala. Es bedeckt ein Gebiet von insgesamt 5.520 km². Innerhalb des Reservats gibt es sechs geschützte Zonen (Pas, protected areas): The Wyanad Wildlife Sanctuary, Nagarhole Tiger Reserve, Bandipur Tiger Reserve, Mudumalai Tiger Reserve und The Mukurthi and Silent Valley National Parks. Große Gebiete geschützten Waldes verbinden diese Nationalparks und Schutzgebiete und bilden ein mehr oder weniger geschlossenes Waldgebiet.
Die Höhe variiert zwischen 250 m und 2.650 m. Mindestens vier der großen Flüsse Südindiens entstammen dieser Region: Bhavani, Moyar, Kabini und Chaliyar. Die Niederschlagsmenge schwankt stark in der Region. Während es im westlichen Teil bis zu 4.600 mm jährlich regnet, sind es in den östlichen Gebieten nur 800 mm pro Jahr. Diese Bandbreite in Topographie und Klima brachte eine große Vielfalt in der Vegetation der Region hervor, die von dornigem Buschwald im Nordosten über trockene und feuchte Laubwälder bis zu immergrünen Feuchtwäldern in der westlichen Wyanad-Region führt. Fast alle Haupttypen der Vegetation der indischen Halbinsel kommen im Nilgiri Biosphere Reserve vor. Von besonderem Interesse sind die Shola-Wälder (immergrüner Wald), in deren Tälern sich Wiesen und Baumgruppen abwechseln. Diesen typischen immergrünen Wald in großer Höhe gibt es nur in Südindien. Hier leben viele endemische Arten.
Das Nilgiri-Biosphären-Reservat bedeckt nur 0,15% von Indiens Landfläche, aber weist 20% aller blühenden Pflanzen, 15% aller Schmetterlinge und 23% aller Wirbeltiere Indiens auf. In diesem großen zusammenhängenden Waldgebiet lebt die größe Elefantenpopulation (etwa 5.200) sowie die größte Tigerpopulation (etwa 535) in Indien. In den Wäldern leben weitere große Säugetiere wie Leoparden, Sambarhirsch, Chital-Rehe sowie die größte wild lebende Rinderart der Welt - der indische Bison (Gaur). Viele Arten haben „Nilgiri“ in ihrem Namen, zum Beispiel Nilgiri Marten (Südindischer Buntmarder), Nilgiri Tahr (ein ziegenähnlicher Paarhufer), die Vögel Nilgiri Wood Pigeon, Nilgiri Pipet, Nilgiri Laughing Thrush etc. Das Nilgiri-Biosphären-Reservat ist Teil der größeren Bergkette Western Ghats, welche hinsichtlich ihrer Biodiversität an achter Stelle weltweit steht und als Weltnaturerbe anerkannt ist.
Herausforderungen in der Region:
Die Zunahme von Zahl und Dichtel der Arten, welche nicht heimisch in den Nilgiri-Bergen sind, setzt die lokalen Ökosysteme unter Druck. Zwei der problematischsten Arten sind Lantana und Eukalyptus. Eukalyptusbäume behindern das Wachstum anderer Pflanzen und bieten keine Nährstoffe für die lokale Fauna. Lantana Camara ist ein Unkraut, welches sich wie ein Buschfeuer ausbreitet und andere Pflanzen am Wachsen hindert. Während sich normalerweise Waldfeuer zu schnell fortbewegen, als dass sie die größeren Bäume schädigen könnten, trägt das verholzte Lantana-Buschwerk die Flammen in die Baumwipfel und dramatisiert so die Effekte von Waldbränden. Lantana selbst wächst doppelt so schnell wie normal, nachdem es verbrannt ist. Viel wurde von der Forstverwaltung unternommen, die Lantana-Pflanze unter Kontrolle zu bringen, aber es ist noch ein weiter Weg.
Neben Teeanbau ist der Tourismus zum bedeutenden Wirtschaftszweig in der Region geworden. Die letzten Jahre sahen eine enorme Zunahme der Touristen im Mudumalai Tiger Reserve in den Nilgiri-Bergen. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Der steigende Wohlstand in den nahen Städten und Metropolen wie Bangalore, der Ausbau der Infrastruktur in den Nilgiri-Bergen wie zum Beispiel ein Wasserkraftwerk, sowie fehlende Vorschriften oder deren mangelhafte Umsetzung durch die Verwaltung. Vierundvierzig Urlaubsorte gibt es bereits in der Gegend um Masinagudi und stetig werden es mehr. Während einerseits einige diese Entwicklung positiv betrachten, sind die negativen Auswirkungen auf die Wildtiere offensichtlich. Der Verkehr mit Lärm und Verschmutzung beeinträcht Wald und Wildtiere direkt und die Wildtötungen bei Verkehrsunfällen nimmt zu. Die meisten Urlaubsorte haben elektrische Zäune gebaut und behindern den freien Durchzug großer Wildtiere und töten häufig kleinere Wildtiere. Die Touristen sind oft auch nachts laut und hinterlassen regelmäßig Müll im Wald. Nur ein kleiner Teil sind rücksichtsvolle Naturbeobachter. Die Konzentration des Tourismus in der Region führt zu einer Konzentration von Wohlstand bei dessen ungleicher Verteilung und vergrößert die Schere zwischen Arm und Reich in der Region.
Die Zerschneidung der Waldgebiete durch besiedeltes Land ist ein Problem. Die zwei wichtigsten Schutzgebiete im Nilgiri-Distrikt sind das Mudumalai Tiger Reserve und der Mukurthi National Park. Aber die Wildtiere leben inner- wie außerhalb der Schutzgebiete. Einige leben sogar innerhalb von Tee- und Kaffeeplantagen. Elefanten zum Beispiel benötigen große Gebiete von etwa 1.000 km² für ihre Wanderungen und können nicht in eng abgegrenzten Schutzgebieten wie dem Mudumalai Tiger Reserve mit seinen etwa 320 km² überleben. Elefanten müssen in der Lage sein, sich zwischen Schutz- und Waldgebieten frei zu bewegen. Mit der Intensivierung von Landwirtschaft und Landnutzung und mit dem zunehmenden Landkauf von Menschen aus den benachbarten indischen Bundesstaaten werden die Waldgebiete außerhalb der Schutzgebiete immer stärker fragmentiert. Elefanten und andere Wildtiere haben es immer schwerer, von Wald zu Wald zu ziehen, da alle grünen Korridore zerstört werden. Elefanten verursachen große Schäden auf ihrem Zug durch die Siedlungsgebiete. Wenn sie zum Beispiel in Häusern gelagerte Lebensmittel oder Salz riechen, werden bei Unfällen und Zusammenstößen häufig Menschen durch Elefanten getötet. In der Vergangenheit gab es eine große kulturelle Toleranz gegenüber Elefanten. Die indigenen Gemeinschaften in den Nilgiri-Bergen haben mit den Elefanten in Nachbarschaft gelebt und haben Strategien entwickelt, mit ihnen zu leben. Die Adivasi verzeichnen viel weniger Unfälle mit Wildtieren als andere Menschen in der Region. Doch mit einem modernen Lebensstil sinkt die kulturelle Toleranz auch bei den indigenen lokalen Gemeinschaften und die Konflikte zwischen Menschen und Elefanten nehmen zu.